Ich war auf der Suche nach einer Werwolfvariante, die auch in kleinen Gruppen spielbar ist. Gleich vorweg: ja, Vollmondnacht funktioniert auch mit unter 10 Personen, dafür muss man aber auch ein paar kleine Abstriche machen. Der wohl wichtigste hierbei ist das klassische Werwolf-Gefühl: Rundenlanges Intrigieren, wer hat wen wohl warum nachts umgebracht gibt es hier natürlich nicht - wie die Schachtel schon sagt, besteht eine Partie aus einer Nacht und einem Tag. Umgebracht wird also niemand, die Werwölfe müssen einzig durch deduktive Schlüsse (heißt: wer hat was gesehen und wer hat mit wem oder wen getauscht?) ermittelt werden. Während das schlanke Spielkonzept problemlos Runden mit einer Dauer von 5 Minuten erlaubt, tun sich in der Praxis dann doch Grenzen auf, wenn es ans Kombinieren geht: gerade wenn man mit etwa fünf Spielern spielt, passiert es schon mal, dass man ab und an einfach keine Hinweise bekommt - etwa, weil niemand etwas gesehen hat oder sich Informationen über Rollentausche als völlig nutzlos erweisen. Dann heißt es raten und so will man ja eigentlich nicht gewinnen. In anderen Runden mit wenig Spielern ist der Werwolf dann nach einer halben Minute Diskussion gefunden, ohne dass er sich so richtig verteidigen kann - mangels Unterstützung. Besonders ärgerlich fand unsere 5er-Gruppe immer den Fall, wenn sich der Werwolf erst versteckt und dann ein Spieler verkündet, er hätte den Werwolf-Spieler mit einem anderen Spieler vertauscht. Dann offenbart der Werwolf natürlich seine Rolle und der vormals unschuldige Dorfbewohner steckt in einer ziemlich doofen Sackgasse: war er zu Beginn der Nacht noch unschuldig, bekam er während der Nacht die Werwolfkarte und ist nun der Böse. Sogar der Werwolf gibt das durch sein Outing zu, für den ehemaligen Dorfbewohner heißt das: Game Over, ohne eine Möglichkeit, sich noch argumenativ retten zu können. Da jede Runde aber nur 5-10 Minuten dauert, fallen diese kleinen Mängel allerdings kaum ins Gewicht, da man sich sofort auf die nächste Runde konzentrieren kann. Schwung in die Runde bringen der Gerber und der Günstling. Das besondere an den beiden Rollen ist, dass sie durchaus daran interessiert sind, dass das Dorf sie für Werwölfe hält - der Gerber, weil er seinen Job hasst und nur gewinnt, wenn er stirbt, der Günstling, weil er auch dann gewinnt, wenn er für die Werwölfe den Märtyrertod stirbt. Dies hat zur Folge, dass man sich bei einem Mitspieler, der verdächtig geworden ist, häufig fragen muss: ist das ein Werwolf, dessen Tarnung gerade aufgeflogen ist oder ist er Gerber oder Günstling und will, dass man ihn hängt? Die Mindestanzahl von 3 Spielern halte ich für eine reine Werbemaßnahme. Selbst bei fünf Spielern weist das Spiel oben beschriebene kleine Mängel auf. Sein richtiges Potenzial entfaltet Vollmondnacht mit steigender Spielerzahl, optimal sind also 10 Personen. In meiner Spielerunde wurde das Spiel sehr gut angenommen und kommt dank seiner Kurzweiligkeit viel häufiger auf den Tisch als größere Spiele. Erstaunlich fand ich persönlich, dass man bei einer so kurzen Spielzeit eigentlich nicht davon ausgehen kann, dass die Auflösung der Rollen besonders spannend wäre. Falsch gedacht: Situationen wie ,,Was?! Du warst der Gerber?! NEIN!!", ,,Hä? Ich bin ja Räuber? Wie ist das denn passiert? Dann habe ich ja sogar gewonnen!" oder ,,Du hast uns wieder ZURÜCKGETAUSCHT? ARGH!" blieben noch lange nach den Spieleabenden rege im Gedächtnis. Ein Wort noch zu der App-Einbindung: Rein funktionell ersetzt die App den Spielleiter wunderbar. Die deutsche Sprachversion hat leider einen wenig atmosphärischen Sprecher, ich würde die englische Version bevorzugen. Außerdem sollte man das Handy entweder an kleine Boxen anschließen oder eine Unterlage zum Spielen benutzen, ansonsten sind die Kartenbewegungen häufig zu hören, was den Spielspaß mindert. Ansonsten aber eine kurzweilige, sehr schöne Werwolfalternative. Hinweis: Die Ravensburger-Version ist leider nicht mit den englischen Erweiterungen Daybreak und Vampire kompatibel, da das Kartenformat geändert wurde.Weiterlesen