Für den Urlaub hatten wir eine Reihe von Spielen für zwei Spieler (oder wenigstens gut geeignet für zwei Spieler) angeschafft. Fungi hatten wir schon zu Hause ausprobiert und waren gespannt, ob sich der gute Eindruck nach einigen Partien bestätigen kann. Um es vorweg zu nehmen: Weitgehend konnte er das. Spielmaterial: Fungi verwendet ausschließlich Karten und setzt diese auf verschiedene interessante Arten in Szene. An der ein oder anderen Stelle könnte man sich fragen, ob anderes Spielmaterial (z.B. Marker) nicht sinnvoll gewesen wäre, andererseits machen viele dieser außergewöhnlichen Kartenfunktionen auch irgendwo den Charme des Spiels aus. Die Zeichnungen verströmen eine verträumte Pilzsuch-Romantik und sind ebenso hochwertig wie stimmig. Die Kartennamen sind allesamt recht lange lateinische Bezeichnungen der Pilze - Auch wieder irgendwo zwischen stimmig und seltsam. Als Erwachsener fand ich es interessant, ich weiß nicht, ob Kinder daran genauso viel Spaß hätten. Mechanismen: Die Kontrahenten sammeln Pilze im Wald und braten sie anschließend mit anderen Zutaten in Pfannen. Wer die besten Pilzpfannen gebraten hat gewinnt am Ende nach der Punktabrechnung. Im Prinzip geht es darum, Sets aus Karten zu sammeln und abzulegen, wobei man neben den verschieden seltenen Pilzen auch zusätzliche Ablagestapel (Pfannen), zusätzliche Handkartenslots (Körbe), Karten zur Aufwertung der Sets (Butter, Cidre) und Karten zum ansonsten verbotenen Abwerfen der Handkarten (Giftpilze) bekommen kann. Die verfügbaren Karten liegen in einer Reihe von 8 Karten (Der "Wald") aus, von denen nur die ersten zwei (unter der "Meine Füße" Karte) für den aktiven Spieler erreichbar sind. Karten weiter hinten sind nur mit "Stock"-Karten (Sind alle gleich - hier hätten es auch Marker sein dürfen) zu erreichen, die man durch das Abwerfen von Pärchen bekommen kann. Nach jedem Spielerzug "verwest" die vorderste Karte und es werden hinten Karten nachgelegt, was dazu führt, dass man praktisch ständig die ganze Kartenreihe verschieben muss. Der "Verwesungsstapel" wird komplett abgelegt, wenn eine fünfte Karte drauf kommt, vorher kann man die hier liegenden Karten noch retten, indem man sie statt einer Karte aus dem Wald aufnimmt. Den ganzen Wald-Mechanismus fand ich auf die Dauer etwas ermüdend, der eigentliche Spielerzug besteht in der Regel daraus, eine der beiden vordersten Karten aufzunehmen, anschließend muss jedoch noch einiges "abgearbeitet" werden, bis der Gegner dran ist. Je nach Tisch, auf dem man spielt könnten die Karten dadurch auch recht schnell abnutzen. Der aktive Spieler darf immer entweder eine Karte aus dem Wald nehmen, den Verwesungsstapel nehmen, eine leere Pfanne auslegen oder eine Pilzpfanne auslegen. Es gibt auch noch "Nacht" Karten, die es ermöglichen, vom "Nacht"-Stapel zu ziehen, auf dem hochwertigere Versionen der Pilzsorten liegen (zählen in fast jeder Beziehung als zwei). Da man im Normalfall ungefähr zwei Pilzsorten gleichzeitig sammelt, erhöht der Nachtstapel den Glücksfaktor nochmal ein Stück. Insgesamt hat das Spiel natürlich, wie für ein Kartenspiel üblich, einen nicht unerheblichen Glücksfaktor. Diesem steht aber eine erhebliche Strategiekomponente gegenüber, die sich schon nach wenigen Zügen zeigt. Was hat mein Gegenüber letzte Runde aufgenommen? Lohnt es sich, das selbe auch noch zu sammeln, wenigstens, um es ihm wegzunehmen, oder blockiert das nur meine Hand? Wie viele Boletus sind noch im Stapel? Wohin rutscht die wichtige Pfanne, wenn ich eine Karte aus dem Wald nehme...hat mein Gegner noch genug Stöcke, um dran zu kommen...mache ich dann doch lieber was anderes??? Fungi hat hier deutlich mehr Tiefe, als man zunächst annimmt und ist meiner Meinung nach strategischer als manch anderes Spiel wie z.B. Machi Koro. Thema: Das Thema ist unverbraucht und toll umgesetzt. Man beginnt schnell, sich in der "Pilzsammler"-Sprache zu unterhalten, indem man die "Boletus-Pfanne mit Butter" brät oder mit einem Stock den Pilz aus dem tiefen Wald holt. So umständlich der ein oder andere Mechanismus auch ist, irgendwie trägt alles zum Flair bei. Fazit: Klar, man hätte Fungi noch "streamlinen" können. Stock-Marker statt Karten, einen wandernden Füße-Marker, etwas planbarerer Einsatz von Nacht- Butter- und Cidre-Karten, verständlichere Kartennamen, etc.. Aber letztlich sind es genau diese kleinen charmanten Ecken und Kanten, wegen denen uns das Spiel in Erinnerung geblieben ist und auch so gut gefallen hat. Aus meiner Sicht eine klare Kaufempfehlung, wir werden es auf jeden Fall immer mal wieder aus dem Schrank holen. Weiterlesen